Rennstrecke

Wenn man von Rennstreckenbesuchen erzählt, spitzen viele die Ohren. Man denkt wohl an echte Rennfahrer, echte Rennen, Wettbewerb, teuer, viel kaputt. Leider ist dies in meinem Fall etwas die falsche Schublade.

Jahrelang suchte ich - beginnend mit dem Motorrad - im öffentlichen Straßenverkehr besonders tolle, kurvige, ansprechende Straßen, um dort Spaß zu finden. Ja, das ist wieder so ein Moment, wo sich eine Schublade aufzieht: Raser. Dabei sind es jene Landstraßen, die so kurvig sind, dass man kaum mehr als 100km/h erreicht, bevor man schon wieder bremsen muss. Ja, man ist dort mit dem Wunsch des "sportlichen Autofahrens" sicherlich überall schneller unterwegs, als Herr Otto Normal dort fahren würde, aber eben auch nur selten wirklich zu schnell hinsichtlich der Tempolimits. Es ist die Rücksicht auf Andersgesinnte, die nicht zu kurz kommen darf. Rücksicht und Vorsicht setzt dem Spaß auf öffentlichen Straßen sehr satte Grenzen.

Mein erster Rennstreckenbesuch liegt lange zurück. Es war in 2002, ein freies Fahren auf dem A1 Ring in Österreich, Zeltweg mit meinem damaligen VW Golf. Es braucht kein besonderes Auto, um auf einer Rennstrecke Spaß zu haben!

Erst mit dem S2000 fing ich dann an, Nürburgring Nordschleife zu fahren. Da mir die Touristenfahrten auf der Nordschleife zu heikel sind, nahm ich an buchbaren freien Fahrveranstaltungen des DSK teil - Deutscher Sportfahrer Kreis e.V. - dort sind Gleichgesinnte unterwegs, die eher schon wissen, was sie da wirklich tun, und sie machen dies mit mehr Sinn und Verstand. Zudem teilen sich Motorräder und Autos nicht zeitgleich die Strecke, was die Sicherheit für beide Parteien enorm erhöht.

Insgesamt habe ich wohl ca. 140 Nordschleifen-Runden absolviert, eine Runde hat ca. 21 km. Das klingt nicht sooo viel, aber an einem solchen Trackday schaffte man vielleicht 14-15 Runden, wenn es gut lief. Oftmals waren es wegen Wetterkapriolen der Eifel und/oder Unfällen anderer Teilnehmer dann auch nur 8-10 Runden am Tag.
Später fuhr ich auch bei gleichen Veranstaltungen des DSK in Oschersleben, Bilster Berg, Spa Francorchamps und Zandvoort mit.

Wie immer, wenn man etwas praktiziert, man wird besser. Man lernt dabei viel über Fahrtechnik, Koordination, Reaktionszeit, Konzentration und auch Fahrzeugtechnik allgemein.

Speziell das Thema Bremsen ist meist zu allererst zu bewältigen. Die Bremse eines normalen PKW ist für vielleicht zwei Vollbremsungen aus hohem Tempo in Folge ausgelegt und wird danach in Rauch aufgehen. Bei sportlichen Autos können die Bremsen mehr leisten... aber für einen ganzen Trackday reicht auch hier das Material meist nicht aus. Man muss sich also "amtlicheres" Material = spezielle Bremsbeläge für Rennstrecken montieren. Rennstreckentaugliche Bremsbeläge besitzen in der Regel - obwohl sie viel leistungsfähiger sind - keine Zulassung für den öffentlichen Straßenverkehr, was oft marktwirtschaftliche Gründe hat. Die hohen Kosten für die Zulassung stehen in keiner guten Relation zum möglichen Absatz. Zudem sind gute Bremsbeläge nie geräuschlos... sie quietschen, was im Alltag nicht so der Bringer ist. Man muss also vor dem Rennstreckenbesuch die Bremsbeläge wechseln, und danach auch wieder. Idealerweise macht man das selbst, wenn man nicht ständig dafür die Werkstatt bezahlen will. Und so lernt man zwangsläufig auch beim Autoschrauben dazu.

An der Nordschleife fuhr ich mit dem S2000 bei guten Runden Zeiten bei 8:50 BTG. Das Auto hingegen wäre auch für 8:10 BTG gut gewesen. Die Lücke von 40 Sekunden ist der Unterschied zwischen einem Rennfahrer, der für Wettbewerbszwecke in einem Auto sitzt, um das Maximum herauszukitzeln, und einem Hobby-Fahrer, der sich klare Sicherheitsreserven zugesteht und sein Auto in jedem Fall wieder heile mit nach Hause bringen will. Auch das sollte man lernen: Es ist okay, wenn andere das noch besser können!

Vor allem aber lernt man: völlig egal, wo man auf öffentlichen Straßen Spaß zu finden scheint... das ist alles nicht mehr, als ein Tropfen auf einen heißen Stein. Auf der Rennstrecke kann man die ganze (!) Zeit das eigene Maximum ausloten und den Spaß dabei genießen. Im öffentlichen Verkehrsraum hingegen geht dasselbe vielleicht mal eine Minute lang, für 3-4 nette Kurven, wenn es der Verkehr und die Situation mal zulässt.

Wer jetzt denkt: "Aber auf der Autobahn... wenn es mal frei ist..."
Herrje... nein! Das auf der Autobahn ist dummes Geradeausgeballer, wozu man kein erwähnenswertes Fahrkönnen besitzen muss.

Rennstrecke macht gelassen!
Darum spreche ich mich auch sehr dafür aus, dass es für jedermann an mehreren Terminen im Jahr in jeder Region auf Flugplätzen oder anderen geeigneten Flächen Fahrveranstaltungen geben sollte, wo jeder, der sonst auf öffentlichen Straßen meint, den Affen machen zu müssen, sich statt dessen auf abgesperrtem Terrain mit anderen vergleichen und Gas geben kann. 400m Sprintrennen, Rundstrecke, ein bissl lockere Zeitennahme, bissl Kampf um die goldene Ananas.
Denn dann kehrt ganz sicher mehr Gelassenheit ein, im öffentlichen Verkehrsraum. Deutschlands Gesetze und Bürger sind nur leider zu "seltsam" geworden, so dass solche Veranstaltungen heute nicht mehr einfach machbar sind.
So lebe man also mit diesem dämlichen Krieg auf unseren Straßen, wo die Autos immer schneller, die Fahrer immer unqualifizierter und der Umgang miteinander immer fragwürdiger wird. Herzlichen Glückwunsch.